Häufig spielen ein geringes Einkommen der Eltern, Arbeitslosigkeit oder prekäre Arbeitsverhältnisse eine Rolle. Doch auch strukturelle Faktoren wie mangelnde Bildungsangebote, unzureichende staatliche Unterstützung oder der Abbruch der Schule sowie eine fehlende Ausbildung können dazu führen, dass junge Menschen in Armut geraten. Besonders betroffen sind junge Menschen, die aus Familien mit drei oder mehr Kindern oder aus Haushalten von Alleinerziehenden kommen und auch sogenannte Careleaver, da sie oft mit 18 Jahren plötzlich ganz auf sich allein gestellt sind.
Jugendarmut ist nicht gleich Kinderarmut. Gerade in der Jugend finden wesentliche Prozesse für die Entwicklung zu einem selbstständigen und selbstbestimmten Erwachsenen statt. Armut hat damit nicht nur finanzielle Aspekte, sie beeinflusst auch die psychische Gesundheit und das soziale Wohlbefinden: Junge Menschen, die in Armut aufwachsen, sind oft von sozialen Ausgrenzungen betroffen. Sie können weniger am Freizeit- und kulturellen Leben teilhaben und erleben häufig Stigmatisierung. Nicht selten führt das zu Gefühlen der Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit, die das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen.
Die fehlende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben prägt nicht selten das gesamte Erwachsenenleben. Dennoch würden sich viele der jungen Menschen selber nicht als arm bezeichnen, auch weil das Thema Armut tabuisiert ist. Die meisten von Armut betroffenen Jugendlichen schämen sich für ihre Armut – obwohl sie nichts dafürkönnen. Wer redet schon gern davon, sich „normale“ Dinge nicht leisten zu können, wie bestimmte Kleidung, einen Kneipenbesuch oder ein Smartphone? Jugendarmut ist daher oft nicht sichtbar – weil auch die Betroffenen selbst alles daransetzen, sie geheim zu halten.
Gleichzeitig hat sich in der öffentlichen Wahrnehmung auch kein Bewusstsein für das Thema entwickelt. Jugendliche als Gruppe haben ein schlechtes Image und werden häufig, insbesondere in Berichterstattungen, auf Eigenschaften oder Rollen reduziert: Sie – die Generation Z – sind faul, nicht motiviert, nicht belastbar oder fordernd oder sie werden auf bestimmte „Funktionen“ reduziert – sie sind Schüler*innen oder Auszubildende und zukünftige Fachkräfte. Jugend wird oft als bloße Karrierevorbereitung missinterpretiert. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Jugendliche es umso schwerer haben, wenn sie mit besonders schwierigen Startchancen ihr Erwachsenenleben beginnen.
Im Rahmen des von der GlücksSpirale geförderten Projekts #Her mit dem guten Leben hat der Paritätische NRW mit jungen Menschen einer Jugendwerkstatt des Dortmunder Trägers GrünBau zum Thema Jugendarmut gearbeitet, um herauszufinden, wie die jungen Menschen ihre eigene Situation wahrnehmen und welche Herausforderungen sie sehen. Die Stimmen der jungen Menschen unterstreichen deutlich, dass materielle Sicherheit, Zugang zu Bildung und sichere Lebensräume entscheidend sind, um einen besseren Start ins Erwachsenenleben zu haben. Sie zeigen den Wunsch nach gleichen Chancen und dass ihre Träume und Ambitionen ernst genommen werden. Sie wünschen sich mehr Mitsprache und Beteiligung an Entscheidungen, die ihre Zukunft betreffen. Sie möchten gehört und ernst genommen werden. Ihre Perspektiven und Ideen sind wertvoll und können dazu beitragen, innovative und gerechte Lösungen zu finden.
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