Sexualität ist ein Bereich, der immer wieder in vielen Artikeln thematisiert wird und trotz vielfältiger Aufklärung ein Bereich bleibt, der große Unsicherheiten und Fragen auslöst. Die kindliche und die erwachsene Sexualität sind ein sehr intimer Bereich und deshalb auch schützenswert, doch von einem befreiten Umgang mit ihr sind wir weit entfernt. Dies wird für mich auch immer wieder darin deutlich, dass wir eine spezialisierte Beratung für diesen Bereich anbieten und das allein schon suggeriert, dass es ein spezielles Wissen rund um den Themenbereich kindliche Sexualität geben müsste. Aufklärung findet immer wider in Nischenbereichen statt. Wir sind zwar eine scheinbar freizügige Gesellschaft, in der Nacktheit auf allen digitalen Kanälen sichtbar ist, doch zeigt sich in Bezug auf die kindliche Entwicklung eine sehr große Unsicherheit. Meine These lautet, dass wir, wenn wir uns im Bereich der Körperlichkeit befinden, oft in unserem erwachsenen Sein nicht mehr eine innige Verbundenheit
mit diesem unserem Körper erleben können.
Wir domestizieren unseren Körper durch Sport, Trends und Modevorgaben, doch nehmen wir uns Zeit zu spüren, in welcher Richtung wir leben, lieben, wirken? Damit sind wir aber genau mit dem Bereich der sexuellen Entwicklung von Kindern konfrontiert. Je jünger sie sind, desto mehr erfahren sie sich und ihre Welt über den Körper. Sie fühlen die Wut und die Freude mit jeder Zelle ihres Körpers, erforschen sich und die Welt direkt und ungeschminkt. Da das Ganze für sie nicht in den Kategorien gut oder schlecht aufgeteilt ist, zeigen sie sich unvermittelt. Was für eine Herausforderung für uns Erwachsene, sich diesem körperlichen Sein zu stellen, eine beschreibende und keine wertende Sprache anzuwenden und das Kind zu begleiten, seinen Ausdruck für seine ganz eigene geschlechtliche, sexuelle und individuelle Persönlichkeit zu finden und zu leben. Auch diese Bereiche
stehen in einer engen Verbundenheit und können in der kindlichen Entwicklung nicht getrennt voneinander gedacht werden.
Nun höre ich das große ABER in einer unsicheren Welt, in der es tatsächlich sexuelle Übergriffe auf Kinder gibt, die sie ein Leben lang schädigen. Diese möchte ich nicht bagatellisieren oder herunterspielen, ich habe in meiner schon recht langen Berufspraxis viele traumatisierte Kinder und Erwachsene gesehen und mit ihnen gearbeitet. ABER auch gelernt. Sie wünschen sich kein Schweigen, sondern Begleitung und einen Ort der Verbundenheit und Geborgenheit, der Ihnen einen Raum, verortet in ihrem Körper, schenkt als sichere Basis, in der ein Gespür für Lust, die wohltut, und Lust, die mich oder andere schädigt, klar gemarkert und ausgesprochen werden kann. Ich denke, Wissen haben wir genügend, aber nutzen wir die Chance, eine Welt zu schaffen, indem wir das körperliche Sein nicht in eine Nische verbannen, sondern uns Zeit nehmen, mit Kindern über ihren Körper, ihre Gefühle, über sich und die Welt zu reden, damit wir die schönen Momente für sie bewahren und verankern können und die übergriffigen, gefahrvollen Momente durch gelebte Verbundenheit schneller erzählt bekommen und wahrnehmen können. Ja, ich bin der Überzeugung, dass Kinder autonom ihre Sexualität entdecken sollten, von Eltern und pädagogischen Mitarbeiter*innen begleitet, die sich auf die eigene Reise zu und mit ihrem Körper begeben haben. Die um den Schutz der Intimität wissen, aber die Sprache erlernt haben, um mit Kindern rund um das Thema Sexualität kindgerecht zu reden. Ich glaube, dass Kinder, die ihren Körper kennen und lieben, besser vor Übergriffen geschützt sind als die Kinder, die lernen, dass Sexualität ein spezielles Thema ist, über das man nicht reden darf. Somit stellt die Verbundenheit einen Schutzfaktor dar, in einer unsicheren Welt!
Referent:in
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